ITB 2023: Ist „Destinationsdenken“ noch zeitgemäß?

Den Tourismus und das Reisen hat eine Transformation erfasst. Harald Pechlaner, Inhaber des Lehrstuhls Tourismus an der Katholischen Universität Eichstätt in Ingoldstadt, hat diese in seinem Vortrag auf der ITB 2023 thematisiert.

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Die Transformation sei angesichts von Fragen der Globalisierung vor dem Hintergrund von Klimakrise, Wirtschafts- und Politikkrisen bereits voll im Gange, so Professor Pechlaner. Hinzu kommt die demographische Entwicklung und ihre Auswirkungen auf die Verfügbarkeit von Fachkräften auch in der Tourismusbranche.

Es brauche neue Narrative für den Tourismus und vor allem die jetzt noch wichtigere Kombination mit High Tech, die zum Beispiel auch im Hinblick auf ortsunabhängiges Arbeiten zunehmend an Bedeutung gewinnt. Zur Frage, wie sich Destinationen künftig entwickeln, gelte es zudem, wesentlich stärker auf die Bedürfnisse der dort lebenden Menschen Rücksicht zu nehmen, damit Tourismus auch weiterhin akzeptiert werde. 

Grundsätzlich sind die aktuellen Herausforderungen nicht eine einzige Krise, sondern die Destinationen müssen sich einem Bündel von Krisen stellen:  

Die Entwicklung geht kommend vom Massentourismus hin zum nachhaltigen Tourismus und weiter zu alternativen Tourismusformen wie regenerativem, langsamem Tourismus. Dabei befinden wir uns im Spannungsfeld zwischen den Ecomomies of Scale und der ethischen Verträglichkeit.  

Professor Pechlaner stellte auch kritisch die Frage, ob Destinationen zu stark Gast-orientiert sind. Über Jahre entwickelten sich Destinationen vor allem entlang der Wünsche der Gäste. Massentourismus und auf Attraktionen fokussierte Entwicklungen sind das Ergebnis. Für die Zukunft haben jedoch natürliche Ressourcen einen weit höheren Stellenwert. Urlaub ist nicht mehr nur eine reine Freizeitgestaltung mit möglichst vielen Erlebnissen, vielmehr geht es um die gemachten Erfahrungen.  

Es gibt einen gesellschaftlichen Wandel, der im Umkehrschluss auch bewirkt, dass sich der Gast verändert.  Nachhaltigkeit wird immer wichtiger und muss in die Entwicklung von Destinationen integriert werden.  

Destinationen sollten sich von der klassischen DMO (Destination – Management -Organization) hin zu einer SMO (Sustainable – Management -Organization) entwickeln, so Pechlaner

Nachhaltigkeit als Leitwert

Nachhaltigkeit hat sich zum Leitwert etabliert im Sinne des Gemeinwohls. Es geht nicht darum, Entwicklungen OHNE Tourismus zu forcieren, sondern viel mehr darum, Entwicklungen zu transformieren im Sinne der Nachhaltigkeit. Es stellt sich nicht die Frage: „Nachhaltigkeit ja oder nein?“ Man muss sich mit dem WIE beschäftigen. Sprich – von nachhaltigem Tourismus hin zu einem verantwortungsvollen Tourismus.  

Sind wir wirklich in der Lage zu definieren, was eine Destination ist? 

Denken im Sinne der Destination bedeutet ein Destinations-Bewusstsein zu schaffen. Dabei gilt es folgende Aspekte in den Mittelpunkt zu stellen:  

• Lebensqualität
• Wirtschaftlicher Erfolg
• Ökologische Auswirkungen
• Qualität der Erfahrungen
• Soziale Auswirkungen
• Arbeitswelt und ihre Qualität

Lange Zeit lag der Fokus von DMO’s am Management im System, gemeint ist damit Planung & Marketing. Um ein Destinations-Bewusstsein zu schaffen, muss jedoch am System gearbeitet werden. Es gilt Destination Governance, Führung, Design und Branding proaktiv in den Fokus des täglichen Handelns zu setzen.  

Wir brauchen Destinations-Design! 

Der Destinationsdesigner vermeidet es, engstirnig zu sein und nimmt inter- und transdisziplinäre Perspektiven ein, diese sind in die ökologische, politische, soziale, technologische und gesellschaftliche Dynamik eingebettet.  

Destinationsdesign verbindet den Destinationsraum / die touristische Destination mit dem Lebensraum, indem es eine Brücke zwischen Menschen, Orten und Gedanken bildet.  

Es ermöglicht so die notwendige Transformation zu einer kreativen und nicht linearen Tourismusplanung für Destinationen.  

Am Ende müssen DMO’s bzw. neu SMO’s das Destinationsdenken über unterschiedliche Ebenen beherrschen und so den Destinations-Cosmos bilden.  

Im Anschluss zum Vortrag von Dr. Pechlaner diskutierten führende Destinations- Manager. Die Destination ist tot! Das Destination ist am Leben! Oder vielleicht doch nicht mehr? Es gibt einige Anzeichen dafür, dass die Hospitality Industrie in Zukunft anders funktionieren wird und dass das, was wir heute als Destination bezeichnen, in Zukunft anders funktionieren wird. Die Destination Management Organisation (DMO) muss neu überdacht werden. Folgend eine kurze Videozusammenfassung:  

https://salzburgerland.sharepoint.com/:v:/s/MarketingMarktmanagementALL/EaZQ63lNFRhNr94WRBtiCB8BwdYR8-iEoGjVr4v8BKjTIw?e=bFVvkt

Dr. Heike Döll-König, Geschäftsführerin / Vorstandsvorsitzende bei Tourismus NRW e.V. 

Dr Jonathan Gómez Punzón, Director bei Málaga City Tourism Board 

Anthony Everett; President & Chief Executive Officer bei Tourism Vancouver Island 

Moderation: Reinhard Lanner, Transformation Advisor bei workersonthefield 


10. März 2023
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