ITB 2023: Neues von der Nachhaltigkeit

Wie der Tourismus tatsächlich nachhaltiger werden kann - und was es für eine Zertifizierung von Betrieben und Angebotsträgern braucht.

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Formeln, um die Umwelt zu retten: Tatsächlich gibt es diese. Wir müssten nur 500 Milliarden Bäume pflanzen und umsorgen (Kosten von € 500,- pro Person) und nur zwei Milliarden Häuser aus nachwachsenden Rohstoffen (nicht Stahl und Beton) bauen. Das sagt zumindest Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Hans Joachim Schellhuber vom PIK (Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung) und behandelte am dritten Tag der ITB die umweltbezogene Nachhaltigkeit.

Es gibt eine ganze Menge an sicheren Destinationen, von denen keiner glaubt, es gäbe hier Probleme mit Überflutungen, Erdrutschen oder Bränden. Doch die Natur zeigt, dass kein Ort dieser Welt vor Katastrophen sicher ist. Sollte sich die Erde nach wie vor in dem rasenden Tempo (derzeit 1,2 Grad) erwärmen, werden sich die touristischen Destinationen der Zukunft verschieben. Länder wie Kanada oder Russland werden klimatisch als die angenehmsten touristischen Länder der Welt gelten, während alles in der Nähe des Äquators unattraktiv zu bereisen sein wird.

Vortrag Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Hans Joachim Schellnhuber vom PIK (Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung)

Wird die Welt als Lebewesen gesehen, so gibt es gewisse Organe, die es am Leben erhalten. Diese Organe reichen vom Amazonas-Regenwald, über die tropischen Korallenriffe bis hin zum Permafrost und den unvorstellbar großen Mengen an Eis der Polarkappen. Einige dieser Organe sind bereits bei einer Klimaerwärmung von unter zwei Grad Celsius betroffen, andere wiederum zwischen zwei und vier Grad und wieder andere wie der Permafrost und die Arktischen und Antarktischen Eisschichten bei über vier Grad.

Würde alles Eis dieser Welt schmelzen, weil sich bis 2200 die Erde über 5 Grad erhitzt (was passieren wird, wenn sich die Bewohner der Erde weiterhin so wie jetzt verhalten), dann wird der Meeresspiegel über 80 Meter steigen. Somit würde in Europa nicht nur halb Großbritannien verschwinden, sondern auch große Teile der Niederlande, Dänemarks, ein großer Teil des Nordens Italiens.

Es gilt somit die Erwärmung zu stoppen und umzukehren. Das heißt einerseits die Menge an produziertem CO2 zu reduzieren und das vorhandene CO2 aus der Atmosphäre zu ziehen. Die zwei wichtigsten Faktoren, um dieses Ziel zu erreichen sind einerseits die Wälder aufzuforsten und andererseits von Beton und Stahl als Baumaterial abzuweichen und natürliche Ressourcen wie Holz für den Gebäudebau zu verwenden.

Wie der Tourismus nachhaltiger werden kann

Womit wir an dieser Stelle bei den Erkenntnissen für den Tourismus aus diesem Vortrag sind: Für den Bau von Gebäuden wie Hotels, sollte so viel Holz als möglich eingesetzt werden und die angestrebte Lebenszeit für ein Gebäude sollte mindestens 200 Jahre betragen. Es gilt mit Naturmaterialen anstelle von Stahl und Beton zu bauen, so viel sinnvolle und artgerechte Bepflanzung wie möglich vorzunehmen und auf Beständigkeit und Langfristigkeit zu bauen.

Es gibt viele Geschichten von Familienbetrieben im SalzburgerLand, die Jahrzehnte und mitunter Jahrhunderte zurückreichen. Egal ob Hoteliers oder Gastronomen, oft baut das Neue auf das Alte auf und auch die Häuser der Eltern, Großeltern und Urgroßeltern bilden das Herzstück der Betriebe. Es gilt diesen Geist intelligent und vorausschauend weiterzuleben, um das zu erhalten, was wir so sehr schätzen.

Nachhaltigkeitszertifizierungen im Tourismus

Viele Betriebe setzen auf Nachhaltigkeitszertifizierungen. Ein wertvolles Instrument, um sich unternehemsintern über die eigenen Vorstellungen und Ziele für die Zukunft klar zu werden und davon zu profitieren. Als weltweite Expertin hinsichtlich nachhaltiger Zertifizierungen im Tourismus gab Rachel McCaffery (CEO of the British consultancy Green Case) am ersten Tag der ITB eine Präsentation und Keynote zu den Vorteilen und den Dingen, die es zu bedenken gibt.

Vortrag von Rachel McCaffery (CEO of the British consultancy Green Case).

Wie erlangt man eine Umwelt-/Nachhaltigkeits-Zertifizierung?

Zuallererst muss sich jedes Unternehmen klar werden, welches Ziel mit der Zertifizierung erreicht werden sollte. Erst dann, wenn es eine Antwort auf diese Frage gibt, kann der Prozess gestartet werden. Hochherrschaftlich über diesem Ziel und allen nachfolgenden Aktivitäten liegen die drei Säulen der sozialen, wirtschaftlichen und umweltbezogenen Nachhaltigkeit.

Bei der Auswahl des zu erreichenden Zertifikates ist es zudem wichtig, ob die Zertifizierung auf nationalem oder internationalem Level wirksam ist und was meinem angestrebten Ziel entspricht. Es gilt, dass jene Zertifizierungen, die von einer unabhängigen dritten Partei überprüft werden, zumeist die stärksten sind. Als Ratgeber für touristische Zertifizierungen wurde auf der ITB das GSTC empfohlen – das Global Sustainable Tourism Council.  Ziel dieser gemeinnützigen Organisation ist einerseits Wissenstransfer und andererseits praktische Unterstützung im Bereich des nachhaltigen Tourismus.

Das Projekt SUSTOUR sowie Travelife kooperieren miteinander, um Reiseveranstalter sowie Reisebüros Fähigkeiten und Kompetenzen um das Thema Nachhaltigkeit zu erreichen.

Wie profitiert ein Unternehmen von Nachhaltigkeits-Zertifizierungen?

  • Positioning: Je klarer die Position umso besser für das Unternehmen
  • Promotion: Derartige Zertifizierungen wirken richtungsweisend in der Bewerbung und allen damit zusammenhängenden Aktivitäten und erwirken automatisch Inhalte.
  • New Business Developement: Durch die klare Positionierung und die anschließenden Prozesse können sich für viele Betriebe neue Strategien und Geschäftsmodelle ergeben. Zum Beispiel in der Angebotsgestaltung für Tourismus-Destinationen.
  • Cost Saving: Dadurch, dass beispielsweise Ressourcen effizienter genutzt werden, um die geforderten Ziele zu erreichen, können Kosten eingespart werden. Es werden während der Zertifizierung Prozesse aufgedeckt und hinterfragt, die ebenso zu einer Kostenreduktion führen können – benötigen wir dieses oder jenes Werbemittel, was sind die Alternativen?
  • Customer Satisfaction: Wenn sich eine Destination mit dem Thema Nachhaltigkeit authentisch auseinandersetzt, führt dies zu einer allgemeinen Kundenzufriedenheit.

Welche drei Dinge müssen bei einer Nachhaltigkeits-Zertifizierung unbedingt in Betracht gezogen werden?

  • Was sind die primären Ziele für das Unternehmen?
  • Welche Zertifizierung trägt zur Erreichung dieser Ziele bei?
  • Welche Ressourcen werden für die Zertifizierung kurz-, mittel- und langfristig benötigt?

Nachhaltige Zertifizierungen sind abschließend gesagt ein spannendes Instrument um sich selbst als Unternehmen kennenzulernen und neue Wege zu erschließen, die neben der wertvollen Komponente des Umweltschutzes auch wirtschaftlich profitabel sind.

Nachhaltigkeit heißt nicht immer nur Umwelt

In den unterschiedlichen Bereichen des Tourismus bedarf es einem Blick in die Zukunft. Sobald das Stichwort Nachhaltigkeit fällt, bilden sich im Kopf der Menschen oft zuallererst Bilder der Umwelt. Was jedoch oft außer Acht gelassen wird, ist, dass die soziale Komponente dieses umfangreichen Themas.  Zukunftsforscher Erik Händeler zeigte am zweiten Tag der ITB den Flaschenhals, in dem wir bereits festsitzen klar und präzise auf.

Der Arbeitsmarkt wird nach dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung Nürnberg in vier Segmente eingeteilt: Landwirtschaft, Dienstleistungen, Produktion und Information. Landwirtschaft und Information haben sich in den letzten fast 150 Jahren beinahe gegengleich entwickelt (siehe Bild unten). Wir leben heute somit in einer Informations-Gesellschaft. Daraus resultiert, dass sich die Arbeit, die wir täglich verrichten und das Wachstum der Wirtschaft immer mehr in die Gedankenwelt, den „Cyber Space“ verschiebt.

Vortrag von Zukunftsforscher Erik Händeler.

In dieser Welt ist es schwierig, die Produktivität mit denselben Instrumenten zu messen wie in einem reinen produktions- oder landwirtschaftlichen Betrieb vor 100 oder 50 Jahren. Die Produktivität muss in der Informationsgesellschaft somit neu definiert werden und an dieser Stelle befinden wir uns bereits mitten im Flaschenhals. Denn die essenziellste Ressource der Jetzt-Zeit und der Zukunft ist der Mensch.

Die Produktivität und der Erfolg eines Unternehmens im Bereich „Information Work“, also im Wirtschaftssektor Information, hängt rein von der Ressource Mensch und der Zusammenarbeit unterhalb der Menschen eines Unternehmens ab. Hierzu bedarf es klarer ethischer Codes. Denn wenn das Betriebsklima durch interne Reibungspunkte beeinflusst wird, ist der Effekt auf die Arbeit im Informationssektor sehr viel gravierender als in anderen Bereichen.

Ethische Codes nach Erik Händeler:

  • Ehrlichkeit anstelle von Manipulation
  • Probleme zu lösen ist besser als Spannungen zu unterdrücken oder diese gewaltsam auszutragen
  • Versöhnung anstelle von Beziehungen aufzulösen
  • Eine Service-orientierte Unternehmenskultur anstelle von internen Kämpfen
  • Mobilisierung des Gesamtwissens eines Unternehmens anstelle sich auf die Unfehlbarkeit einer Person zu verlassen
  • Die Vorteile aller im Blick haben, als nur die des Einzelnen

Als Gesundheit definiert die W.H.O. folgendes:

  • Hohes Selbstbewusstsein
  • Positive Beziehung zum eigenen Körper
  • Die Möglichkeit, Freundschaften und soziale Beziehungen zu haben
  • Ein gesundes Umfeld
  • Eine sinnstiftende Arbeit und sichere Arbeitsverhältnisse
  • Wissen über Gesundheit und den Zugang zu einem Gesundheitssystem
  • Ein wertvolles Leben und die Hoffnung für eine lebenswerte Zukunft

Werden diese Werte der sozialen Nachhaltigkeit in einem Unternehmen und der Gesellschaft gleichsam hochgehalten, steht einem Erfolg für die Zukunft nichts im Wege.


10. März 2023

Kontakt

Magdalena Putz, BA
Magdalena Putz, BA
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Telefon: +43 662 6688-76
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