Experten-Beitrag: Die Zahlen stimmen!
Ein Expertenbeitrag von Fred Fettner: über erfolgreiche Zahlen, aktuelle Entwicklungen und die Wirtschaftlichkeit von Tourismusbetrieben.
2024 ist Wahljahr. Da zählen die Stimmen – und um gewählt zu werden ist es schön, wenn zuvor Zahlen stimmen. Doch wenn weiterhin Gästerekorde verzeichnet werden, stimmen für manche die Zahlen, aber nicht die Entwicklungen.
Ein Experten-Beitrag von Fred Fettner.
Die harten Fakten der Ankunftsstatistik sind schön, weil absolut. Etwa für das SalzburgerLand: Im vergangenen Sommer lagen die Ankünfte bei plus 5,9%, im Winter waren es plus 1,5%, jeweils verglichen mit ausgezeichneten Vorsaisonen, denen es nur an weit angereisten Gästen sowie Kongressgeschäft mangelte. Wenn die Salzburger Zuwächse jeweils unter den gesamtösterreichischen Zahlen zu liegen kamen (um 1,3% im Sommer 23, um 4% im Winter 23/24), lag das vor allem am Aufschwung in Wien. Aber betrachten wir die Nächtigungszahlen für den Sommer 23, lag Salzburg mit plus 4,4% sogar über dem Österreich-Schnitt (3,9%). Die Rechnung ist also eindeutig: Städteboom + MICE = kürzere Aufenthaltsdauer. Manches lässt sich auch prächtig durch die Herkunftsstatistik belegen. Die Vervielfachungen bei den Gästen aus China (+340%), Australien, Neuseeland, Japan und von der arabischen Halbinsel im vergangenen Sommer und auch im darauffolgenden Winter, wo zusätzlich „Exoten” wie Brasilien, Saudi-Arabien, aber auch Griechen und Kroaten sprunghafte Zuwächse verzeichneten, sind alles Indizien für die berühmte „Rückkehr” nach der Pandemie.
Gäste aus Nah und Fern
Quantitativ entscheidender sind ohnehin Gäste aus der Nähe. Etwa das polnische Sommerplus von 27%, die 10% mehr Schweizer, Slowaken und Slowenen im Winter – vor allem aber die weiterhin leicht wachsenden Besucherzahlen aus Deutschland. Das alles bei keineswegs optimalen Witterungsvoraussetzungen. (Anm.: Werte beziehen sich auf Gästeankünfte, nicht auf Nächtigungen)
Andererseits kann man sich auf gut Eingelerntes als Journalist nicht mehr verlassen: Über Jahrzehnte wurden die Nächtigungen als Erfolgskriterium von Verantwortlichen in Politik und Destinationsmanagement nur dann in Frage gestellt, wenn sie rückläufig waren. Jetzt boomt’s – und trotzdem will man davon wegkommen und die Wertschöpfung in den Mittelpunkt stellen. Die erreicht noch markantere Höhenflüge, doch schon tritt das nächste Paradoxon auf: Mehr Gäste denn je, gepaart mit überdurchschnittlichen Preiserhöhungen, können nicht verhindern, dass die Wirtschaftlichkeit der österreichischen Hotellerie zu wünschen übriglässt. Dafür sorgte 2023 die Inflation gepaart mit – dem engen Arbeitsmarkt geschuldeten – Investitionen in die Mitarbeiter.
Der Markt regelt viel
Wo die Grenze für weitergereichte Preiserhöhungen liegt, wird irgendwann der Markt offenbaren. Aufmerksame werden rasch reagieren, Mittrottende ins Stolpern geraten. Noch ist es noch nicht so weit: Die Sommersaison startete auch dieses Jahr auf sehr hohem Niveau. Mai und Juni 2024 (Anm.: die beiden Monate müssen aufgrund der sich jährlich verschiebenden Feiertage stets gesamt betrachtet und verglichen werden) bilanzieren im SalzburgerLand mit rund 3,4 Mio. Nächtigungen, somit wurde das herausragende Ergebnis aus Mai und Juni 2023 beinahe eingestellt (-0,8%) – trotz besonders vieler früher Feiertage im Mai und der Fußball-Europameisterschaft im Juni, die gerade im deutschen Markt erfahrungsgemäß dämpfende Auswirkungen auf Urlaubsbuchungen hat. Auf diese Art wird die Pandemie als markantes V, in den nach oben strebenden Linien der Gästestatistiken allmählich verblassen, weil die Menschen dem Stillstand des Lockdowns Reiseströme entgegensetzen, welche die Erderwärmung maximal als schlechtes Gewissen begleitet.
„Der Tourismus ist zurück!” Gewiss. Aber man sollte dabei nicht übersehen: Was gerne als Jubelmeldung in die Welt posaunt wird, verbucht nicht nur ein Teil der Bereisten als Hiobsbotschaft, sondern kann bei aufmerksamer Betrachtung durchaus auch als Aufforderung für zukunftsfähige Lösungen gelesen werden.
Autor: Fred Fettner. Der seit über 30 Jahren in Tirol lebende Wiener war langjährig Autor bei den Salzburger Nachrichten und ist Herausgeber von „Tourismus Wissen – quarterly”, dem wissenschaftlichen Magazin für touristisches Know-how, sowie Autor des „SkiGuide Austria”.
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